Business Improvement Districts (BID): Globale Verbreitung und Kontextualisierung eines neuen Modells subkommunaler Steuerung [Assoziertes Projekt]
Das Projekt untersucht am Beispiel von Business Improvement Districts (BID) die Kontextualisierung von global zirkulierenden Governance-Formen und deren Implikationen für Stadtentwicklungsprozesse.
Governance Praktiken, Policies und Diskurse, so die Beobachtung, werden immer häufiger und immer schneller zwischen unterschiedlichen sozialen Kontexten und geographischen Orten in Bewegung gebracht. Dies gilt auch in hohem Maße für das Feld der Stadtpolitik, Stadtplanung und unterschiedlicher Formen städtischen Regierens. Ein prominentes Beispiel für neue Formen subkommunaler Steuerung städtischer Räume sind BIDs. Angesichts der gesetzlich legitimierten Übertragung von Verantwortung für die Quartiersentwicklung von kommunalen auf private Akteure werden BIDs in den wissenschaftlichen Debatten des letzten Jahrzehnts zum einen als paradigmatisch für die Neoliberalisierung des Städtischen adressiert. Als Bestandteil eines Leitbilds der unternehmerischen Stadt, das derzeit in vielen Städten an Bedeutung gewinnt, werden BIDs zum andern als Paradebeispiel für ein sich erfolgreich globalisierendes Modell urbaner Governance beschrieben.
Die Kontingenz und Vielschichtigkeit der Verbreitung von BIDs spielte in diesen Debatten eine untergeordnete Rolle. Dabei lässt sich feststellen, dass eine Vielzahl von Implementierungsversuchen von BIDs scheitert und hergebrachte Begründungsmuster für deren Einführung vor Ort nicht die erwartete Resonanz auslösen. Implementierte Konzepte ähneln zuweilen denen, die in anderen Städten umgesetzt werden. Die Auswirkungen von BIDs darauf, wie Quartiere regiert werden und sich Stadtpolitik insgesamt verändert, sind aber zumeist sehr spezifisch.
Um die permanente Variation und Verfeinerung städtischen Regierens mit Hilfe von Verweisen auf „anderswo“ in den Blick zu nehmen, fokussiert das Projekt auf die Kontextualisierung und (re-)mobilisierung des BID-Modells. Aus einer mikroanalytischen Perspektive anhand von Fallstudien in Hamburg und Tirana wird analysiert, wie BID-Konzepte vor Ort kontextualisiert und dekontextualisiert werden und wie sich im städtischen Raum mit der BID-Implementierung Akteurskonstellationen und Politikfelder aber auch die BID-Konzepte selbst verändern. Das Projekt stützt sich dabei auf unterschiedliche methodische Zugänge. Einen Schwerpunkt bildet die Analyse von Interviews mit einer Vielzahl von BID-Manager_innen, lokalen Verwaltungen, Landesregierungen und lokal, national und international tätigen Organisationen (u.a. Industrie– und Handelskammern, Entwicklungshilfeorganisationen) sowie einer Reihe von Grundeigentümer_innen und Einzelhändler_innen. Einen weiteren Einblick in lokale Kontexte gibt eine Analyse von Diskursen in Dokumentationen von Senatsdebatten und lokalen Medien. Mit einem ethnographischen Ansatz werden darüber hinaus Austauschprozesse auf nationalen und internationalen Tagungen von BID-Praktiker_innen zugänglich gemacht.
Ziel der Analyse ist, herauszuarbeiten in wie weit lokale oder national gebundene Pfadabhängigkeiten bei den Implementierungsversuchen von BIDs eine Rolle spielen d. h. wie global verfügbare Problematisierungen aufgegriffen und adaptiert werden, z. B. in dem sie in unterschiedliche lokale Stadtentwicklungsdebatten eingebunden werden, in dem die Akteurskonstellationen und die Kompetenzverteilungen auf städtischer Ebene variiert werden oder die Politikfelder von BID lokalspezifisch fokussiert werden. Dies soll auch aufzeigen, wie immer wieder neue Formen des BID-Modells entstehen, die dann wiederum als Vorbild für andere Städte verfügbar werden.
Leitung: Georg Glasze, Robert Pütz
Bearbeitung: Boris Michel, Christian Stein
Projektbezogene Publikationen
- Silomon-Pflug, Felix; Christian Stein; Susanne Heeg; Robert Pütz (2013): Die unternehmerische Stadt als Gegenstand von Urban-Policy-Mobilities-Forschung: Kontextualisierung global verfügbarer Politikmodelle am Beispiel BID und PPP in Frankfurt am Main. In: Geographische Zeitschrift, 101(3+4), 201–217
